Samstag, 18.30 Uhr. Die ersten Akteure treffen ein. In der Gardarobe – eingerichtet in den „Katakomben“ der Mehrzweckhalle – wird es langsam eng. Ungefähr 20 Meter fein säuberlich aufgehängte Kostüme, dazu jede Menge Schachteln mit Requisiten. Alles hat seine Ordnung. In der Maske nimmt sich Sieglinde Plank viel Zeit für ihre „Kundschaft“, der sie die Nervosität anmerkt. Sie versteht nicht nur ihr Handwerk, sie ist in diesen Minuten auch Psychologin. Marianne Binder, die Bühnenschneiderin, hat noch alle Hände voll zu tun. Eigentlich ist sie jetzt Mädchen für alles.
19.15 Uhr. In einer viertel Stunde geht es los. Jeder Akteur hat jetzt seine eigene Methode, sich zu konzentrieren. Sepp, der Hauptdarsteller verkriecht sich ins Beleuchtungskammerl. Er ist gesundheitlich indisponiert, der Arme. Andere sitzen auf der Treppe, oder auf den Bankerln hinter den Kulissen.
19.20 Uhr. Der Spielleiter versammelt die ganze Mannschaft auf der Bühne. Auch er ist angespannt. Alle stecken sie jetzt in ihren farbenfrohen Kostümen und sind geschminkt. Nicht mehr wieder zu erkennen. Der Zuschauerraum ist gerammelt voll. 250 Leute sitzen jetzt erwartungsfroh vor dem Vorhang. Und unter ihnen jede Menge Prominenz! Noch ein paar beruhigende Worte bevor es losgeht. Das wesentliche ist längst besprochen. Dreimal über die Schulter gespuckt. Toi, toi, toi.
19.30 Uhr. Der Vorhang geht auf. Gleißendes Scheinwerferlicht verwirrt zunächst, wirkt aber auch als Schutzschild. Schottet vom Publikum ab. Ganz allein ist er jetzt, der Eberl Sepp, als durch Erbschaft zu Reichtum gekommener Schuster von Schmalzling in seinem Palais. Sein Spiel kostet Energie und Kraft. Die ersten Einsätze kommen gut und kommen auch gleich gut an. Plötzlich läuft’s. Michael Schönfeld als Diener Johann, von Nazi gönnerhaft Schang genannt, strahlt in seiner Betulichkeit Ruhe aus. Jasmin Fürst als Annerl, Nazis Tochter, ist glänzend aufgelegt, liefert ein erfrischendes, temperamentvolles Bühnenspiel ab. Bewundernswert. Langsam legt sich die Nervosität. Man merkt, das Publikum geht mit. Der schleimige, aalglatte Sekretär Siebecke (Volker Clasen), der großkotzige Prinz Walefsky (Franz Noha) und die huldvolle Baronin Kolontai (Brigitte Garhammer), haben es auf Nazis Geld abgesehen. Mit Witz, Charme und Leichtigkeit gewinnen sie seine Gunst. Besonders aber in Gräfin Wanjeky’s Armen erliegt Stanglmayer, von seinen lüsternen Sehnsüchten getrieben, deren erotischer Raffinesse. Sonja Mies wirkt in dieser Rolle kokett und leidenschaftlich. Zum größten Vergnügen des begeisternd mitgehenden Publikums – einfach „schmölzend“! Zur großen Ernennungsfeier zum Grafen kommt auch eine Deputation aus seiner Heimat, gewitzt gespielt von Sepp Roth, Max Fuchs und Georg Braumandl.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag, das Spiel läuft gut! Gott sei dank. Gerne lauscht man zwischendurch den glockenrein vorgetragenen Moritaten von Marina und Xaver Fürst vor der Bühne. Für die Mitwirkenden Zeit der Ruhe und Entspannung. Dann aber wieder verzweifelte Blicke in den Souffleurkasten. Dort kommt Beate Fuchs nicht mehr zur Ruhe.
Ein Hofzeremonienmeister – temperamentvoll von Christian Nachlinger in Szene gesetzt – organisiert, das große Dinner; von drei munter aufspielenden Pagen (Fabian Clasen, Dominik Lustinger und Basti Killinger) assistiert. Aus der Vergangenheit des Neureichen sind auch der Schreiner Brandl und sein Sohn Xaver aufgetaucht. Otto Peter als alter Schauspielfuchs nimmt das Greenhorn Florian Gerl unter seine Fittiche. Beide liefern ein souveränes Bühnenspiel ab. „Ala bonaheure“. Immer wieder Szenenapplaus. Das tut der Schauspielseele gut. Die Zuschauer ergötzen sich über Peter Radons bewundernswerten Part als Jockey und später als Gott Amor. Eine reife Leistung in einer schwierigen Rolle.
Nach der Pause entwickelt sich alles anders als gedacht. Kommissar Schmuttermaier – gekonnt und überzeugend von Willi Plank verkörpert – entlarvt die feine Gesellschaft als Bande lang gesuchter Hochstapler, assistiert von seinem Wachtmeister. Eine Rolle, die Klaus Fuchs auf den Leib geschnitten ist. Blamiert, aber glücklich kehrt Nazi wieder heim in seine Schusterwerkstatt.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Fast halb Elf. Ende. Der langanhaltende Schlussapplaus des Publikums wird dankbar aufgenommen und klingt noch lange nach. Der Tonmeister Sepp Scherer zieht die Stecker, Manfred Stadler, verantwortlich für die Bühnenbeleuchtung, schaltet das Licht ab.
Die Anspannung weicht. Es ist gut gegangen. Ab und zu ein kleiner Hänger, naja. Der Regisseur Sepp Böhm ist zufrieden. Und der Schusternazi wird heute gut schlafen.
In der Rolle als Festgäste waren zu sehen: Monika und Anton Höcker, Claire und Ulrich König, Peggy Clasen und Heike Bauer als Gäste.
Für die Aufführungen am 1., 4. und 6. Januar gibt’s noch Karten im Touristikbüro im Rathaus, sowie 1 Stunde vor jeder Aufführung an der Abendkasse. Beginn der Aufführungen: jeweils um 19.30 Uhr.